Die Wurzeln der Bonsaikultur

Die Bonsaikultur ist vor über 2000 Jahren im alten China entstanden. Sehr lange Zeit war die Kunst der Bonsaigestaltung ausschliesslich den Geistlichen und dem Adel vorbehalten. In den Klöstern hegten und pflegten Mönche Bonsais und gaben ihr Wissen über diese kleinen Bäume von Generation zu Generation weiter. So waren es wahrscheinlich auch buddhistische Priester, welche den Bonsai zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert in Japan einführten. Im Westen wurde die Bonsaikunst erstmals 1878, anlässlich der Weltausstellung in Paris, der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die heute geläufige Bezeichnung „Bonsai“ entstammt dem Japanischen und heisst wörtlich übersetzt „Baum in der Schale“. Entscheidend dabei ist jedoch, dass die Bedeutung des Wortes „Bonsai“ die kreative Arbeit mit der Pflanze mit einschliesst und insofern auf die kulturelle Tradition als künstlerisches Handwerk verweist.

Die ersten Bonsais waren wohl Findlinge aus der Natur – Bäume die durch die Naturgewalten geformt und so vergleichsweise klein geblieben sind. Denn in jedem Baum oder Strauch steckt die Möglichkeit kleinwüchsig zu sein. Wie sich eine Pflanze letztendlich entwickelt, hängt nämlich nicht nur von ihrem Erbgut ab, sondern auch von ihrer natürlichen Umgebung sowie den Umweltbedingungen denen sie ausgesetzt ist. So kann sich ein einzeln stehender Baum zu seiner vollen Grösse entfalten, währendes derselbe Baum, würde er im Wald oder im Gebirge wachsen, sich dem begrenzten Raum in Form und Grösse anpassen müsste.

Theoretisch lässt sich fast aus jedem Baum oder Strauch ein Bonsai gestalten, indem man ihm durch künstlerisches Schneiden und Formen einen baumähnlichen Charakter gibt. In der Praxis jedoch eignen sich nur wenige Baumarten aufgrund ihrer Schnittverträglichkeit, Blattgrösse sowie vorhandene Äste. Bei der Gestaltung eines Bonsais geht es niemals darum, der Pflanze die eigenen Schönheitskriterien aufzuzwingen. Die Kunst besteht darin, die naturgegebenen Wuchseigenschaften zu erkennen und durch die gestaltenden Eingriffe zu unterstützen. So soll die Charaktereigenschaft betont, die Schönheit der natürlichen Pflanze hervorgehoben werden. Wenn der Pflanze ihre Ausdrucksmöglichkeiten nicht belassen werden, entsteht letzten Endes ein entsprechend künstliches und artfremdes Machwerk, das als Bonsai nicht überzeugen kann. Die gestalterische Arbeit mit einem Bonsai geschieht also nicht wider die Natur und zerstört auch die natürliche Anlage der Pflanze in keinster Weise.

Der Rückschnitt eines Bonsais dient der Formgebung und bewirkt eine Verkleinerung der Blätter, übt aber keinerlei Einfluss auf die Grösse der Blüten und Früchte aus. Da es sich bei einem Bonsai eben nicht um eine Züchtung handelt, bei der das Erbgut verändert wurde, unterscheiden sich weder die Blüten noch die Früchte der „Miniaturausführung“ einer Pflanze vom naturgewachsenen „Pendant“. Gleiches gilt für das Alter, das ein Bonsai erreichen kann: es hängt allein von Art und Abstammung des Baumes oder des Strauches ab und kann einige Jahrzehnte, mehrere hundert oder gar zwei, drei tausend Jahre betragen.